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Das Archäologische Museum von Heraklion

 

Bericht von Fabian Brunkhorst

Einleitung

In Heraklion, der Hauptstadt der griechischen Insel Kreta, gibt es eine ganze Reihe an Museen über die Antike. Darunter befindet sich auch eines der ältesten und wichtigsten Museen Griechenlands, das Archäologische Museum von Heraklion[1], das in diesem Bericht vorgestellt wird.

Erbaut wurde dieses Museum, das ein Beispiel für den griechischen modernen Architekturstil ist, in seiner heutigen Grundkonstruktion von 1935 bis 1958 und entworfen wurde es von dem Architekten Patroklos Karantinos[2]. Zuvor stand an dieser Stelle ein venezianisches Kloster, das durch ein Erdbeben im Jahr 1865 zerstört wurde [3]. Die antike Sammlung, die das Museum heute darbietet, nahm ihren Anfang im Jahr 1883, als ein lokaler Verband unter der Leitung von Joseph Chatzidakis die erste archäologische Sammlung von Heraklion zusammenstellte [4]. Sie bestand aus privaten Spenden sowie den Fundstücken aus den Ausgrabungen in Kreta, die ab 1900 größere Ausmaße annahmen, und hatte ab diesem Zeitpunkt die ersten wichtigen Funde aufzuweisen [5]. Das Museum selbst wurde im Jahr 1908 gegründet  [6]. Während des Zweiten Weltkrieges war die Sammlung des Museums großen Gefahren ausgesetzt, konnte aber durch den Einsatz von Nikolaos Platon gerettet und ab 1952 wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden  [7]. Außerdem wurde im Jahr 1962 die Sammlung von Stylianos Giamalakis vom Museum aufgekauft, die dann zur bisherigen Sammlung hinzugefügt wurde   [8]. In den folgenden Jahren wurde das Museum laufend erweitert, etwa um einen Anbau im Jahr 1964, und zuletzt wurde es 2014 in einem aufwendigen Restaurationsprogramm restauriert  [9]. Heute beherbergt das Archäologische Museum von Heraklion eine antike Sammlung, deren Ausstellungsstücke über die (Vor-) Geschichte Kretas von der neolithischen Epoche bis zu den Zeiten der Römer und damit in einen Zeitraum von ungefähr 3000 v. Chr. bis ins vierte Jahrhundert n. Chr. zurückreichen  [10]. So gut wie alle Ausstellungsstücke dieser Sammlung wurden auf Kreta selbst gefunden, vor allem im Palast von Knossos.

 



[1] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021).

[2] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021).

[3] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021).

[4] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021); Heraklion Archaeological Museum, The Museum, History, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021).

[5] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, The Museum, History, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021).

[6] Vgl.  Heraklion Archaeological Museum, The Museum, The Exhibition, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021).

[7] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, The Museum, History, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021).

[8] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, The Museum, History, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021).

[9] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, The Museum, History, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021).

[10] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, The Museum, The Exhibition, (zuletzt aufgerufen am 23.09.2021).

 

 

Abb. 1: Aufbewahrungsgefäße von den Kykladen

Die Ausstellung des Museums

Die Ausstellung des Museums ist in insgesamt 27 Ausstellungsräume auf zwei Etagen chronologisch nach den Epochen aufgeteilt. Zusätzlich zu den Ausstellungsstücken sind dabei Erklärungstexte und hörbare Informationsmaterialien auf Griechisch und Englisch in der Ausstellung zu finden.

Begonnen wird die Besichtigung der Ausstellung in Raum 1, wo die ersten Stücke der minoischen Sammlung in Vitrinen an den Wänden zu betrachten sind. Dazu zählen Aufbewahrungsgefäße von den Kykladen z. B. für Juwelen aus der Zeit 3000 bis 2300 v. Chr., die künstlerisch mit verschiedenen Symbolen verziert wurden (siehe Abb. 1). Außerdem sind viele kleinere Stücke aus Obsidian in der Form von Platten, kleineren Klingen für Bestattungsrituale und Steinen zu nennen, die in diesem Zeitraum aus Melos importiert und in die verschiedenen Teile von Kreta geliefert wurden (siehe Abb. 2). In den Räumen 1 bis 3 (2 und 3 sind als ein Raum anzusehen) sind aber vor allem zwei Arten von Ausstellungsstücken zu finden: Zum einen kunstvoll verzierte Trinkgefäße und Vasen in unterschiedlichen Formen und Größen, zum anderen Goldschmuck, also Ringe, kleinere Ketten und Anhänger. Es werden auch einzelne Edelmetallplatten ausgestellt, aber eine besondere Stellung nehmen die sogenannten "Bienen von Malia" ein (siehe Abb. 3). Es handelt sich dabei um einen ungefähr fünf Zentimeter breiten und ebenso hohen Anhänger aus Gold, der zwei Bienen oder Wespen um Honig gekrümmt darstellt. Dieser Anhänger stammt aus der Zeit um 1800 bis 1700 v. Chr. und hat zusätzlich an den Flügeln und Stacheln der beiden Insekten insgesamt drei kleinere Goldkugeln.

 

Abb. 2: Kleine Aufbewahrungsgefäße aus Obsidian

Abb. 3: Die "Bienen von Malia"

 

In den Räumen 4 bis 6 (4 und 5 sind wie die Räume 2 und 3 ein großer Raum) geht es dann ähnlich weiter. Größere Vasen und Trinkgefäße sind auch in den Vitrinen an den Wänden dieser beiden Räume zu finden. Allerdings gibt es auch hier mehrere Ausstellungsstücke, denen eine besondere Bedeutung beigemessen wird. In den Räumen 4 und 5 ist in diesem Zusammenhang der sogenannte "Diskos von Phaistos" zu erwähnen. Dies ist eine auf Kreta gefundene Tonscheibe, auf der verschiedene Menschen- und Tiersymbole abgebildet sind. Datiert wird diese Tonscheibe in das frühe 17. Jahrhundert v. Chr. und ist wohl im Kontext von mystischen Ritualen entstanden, der aus dem darauf befindlichen Text abgeleitet wurde [1]. In Raum 6 steht ein Holzmodell des Palastes von Knossos, das ungefähr ein Viertel des ganzen Raumes einnimmt (siehe Abb. 4). Dieser Palast, der sich wenige Kilometer von Heraklion entfernt befindet, ist einer der größten archäologischen Stätten aus der minoischen Zeit und wird durch das Modell im Museum so dargestellt, wie er vor seiner Zerstörung ausgesehen haben soll. Auch Raum 7 hat ein zentrales Ausstellungsstück, das ebenfalls einen Bezug zum Palast von Knossos hat: das Stiersprung-Fresko. Dieses an der Wand hängende Fresko aus dem 15. oder 14. Jahrhundert v. Chr., das im Palast von Knossos gefunden wurde, zeigt eine Sportszene, wo eine weibliche Athletin einen Stier an den Hörnern festhält, um zur Erleichterung des Sprunges für einen männlichen Athleten die Geschwindigkeit des Stieres zu reduzieren [2]. Eine zweite weibliche Athletin wartet mit ausgestreckten Armen darauf, den Athleten aufzufangen [3]. In Raum 8 sind hauptsächlich kleinere Ausstellungsstücke aus der minoischen Zeit zu finden, wie etwa die Miniaturfiguren von Schlangengöttinnen aus der Zeit zwischen 1650 und 1550 v. Chr., die aus dem Palast von Knossos stammen (siehe Abb. 5). Aber auch viele andere Miniaturfiguren sind in diesem Raum zu finden, vor allem aus Ton.

 


Abb. 4: Holzmodell des Palastes von Knossos

Abb. 5: Miniaturfiguren von Schlangengöttinnen

Abb. 7: Vasen und Trinkgefäße aus Ton

 

In Raum 9 und 10 wandelt sich das Erscheinungsbild der Ausstellung, denn darin werden die Ausstellungsstücke zur Schau gestellt, die in Kriegergräbern gefunden wurden, vor allem Gegenstände aus Bronze. Dazu zählen insbesondere Waffen und Rüstungsgegenstände wie Schwerter, Speer- und Pfeilspitzen, Äxte, Brustpanzer und Helme (siehe Abb. 6). Aber auch Töpfe und Pfannen aus Metall sind in diesen Räumen ebenso wie weitere Vasen und Trinkgefäße aus Ton zu finden (siehe Abb. 6 und 7). In den Räumen 11 und 12, die wie schon die Räume 2 und 3 sowie die Räume 4 und 5 zusammengefasst sind, ist nur eine Art von Ausstellungsstücken zu betrachten: Sarkophage, in unterschiedlichen Größen aus Stein und verziert mit verschiedenen Symbolen von Tieren und Menschen und abstrakten Abbildungen. Die auf diesen Sarkophagen dargestellten Szenen wurden mithilfe der Fresko-Technik angefertigt und verbinden oft Jenseitsvorstellungen mit Opferritualen zu Ehren der Verstorbenen [1]. Fortgesetzt wird die Ausstellung dann im ersten Stock des Museums, wo sich in Raum 13 die letzten Ausstellungsstücke aus der minoischen Zeit befinden. Vor allem minoische Fresken wie die von zwei im Meer schwimmenden Delphinen, die von anderen Fischen umringt sind (siehe Abb. 8), oder der "Prinz der Lilien" aus der Zeit zwischen 1600 und 1450 v. Chr.  [2] schließen diesen ersten Teil der Ausstellung des Archäologischen Museums von Heraklion ab, der somit im Erdgeschoss aus einer Abfolge von zwölf mittelgroßen Räumen besteht. Sechs dieser mittelgroßen Räume wurden zu drei größeren Räumen zusammengefasst. Raum 13 im 1. Stock ist als einziger Einzelraum so groß wie zwei mittelgroße Räume.

 


[1] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, The Museum, Selected Exhibits, The Hagia Triada Sarcophagus, (zuletzt aufgerufen am 28.09.2021).

[2] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, The Museum, Selected Exhibits, The "Prince of The Lilies", (zuletzt aufgerufen am 28.09.2021).

Abb. 6: Waffen und Rüstungsgegenstände

Abb. 8: minoische Fresken

Abb. 9: Helm im korinthischen Stil und ein Brustpanzer

Der zweite, kleinere Teil der Ausstellung zeigt Ausstellungsstücke aus der griechisch-römischen Zeit. Darunter finden sich gerade in Raum 14 und 25 auch Vasen und Trinkgefäße in unterschiedlichen Größen wieder. Dazu zählen ab Raum 15 auch kleinere Figuren wie z. B. Stier- und Menschenfiguren, die im Gegensatz zu den Figuren aus dem vorherigen Ausstellungsteil aus Bronze angefertigt wurden und aus der Zeit der Römer bis ins zweite Jahrhundert n. Chr. stammen. Zudem sind weitere Gegenstände aus Bronze wie etwa ein aus dem siebten Jahrhundert v. Chr. stammender Helm im korinthischen Stil und ein Brustpanzer zu nennen, die man ebenfalls in Raum 15 finden kann (siehe Abb. 9). Raum 16 hat lediglich die Größe eines Durchgangs zu Raum 17 und weist in den Vitrinen an den Wänden kleinere Schmuckgegenstände wie Ketten, Ringe, und Armreife aus Gold auf, die aus dem siebten Jahrhundert v. Chr. stammen. In Raum 17 wiederum findet man ähnliche Ausstellungsstücke wie in Raum 15, vor allem weitere Vasen und Trinkgefäße, aber auch Schmuckgegenstände. Raum 18 ist wie Raum 16 wieder wie ein Durchgang zum nächsten mittelgroßen Raum aufgebaut. Darin befinden sich allerdings keine Vitrinen mit kleineren Ausstellungsstücken, sondern einige Grabsteine aus Prinias (siehe Abb. 10).  Dann gelangt man in Raum 19, wo mehrere runde Bronzeplatten mit Verzierungen ausgestellt sind. Dabei handelt es sich um bronzene "Trommeln", wie der aus der idäischen Höhle, das in der Mitte den auf Kreta geborenen Zeus zeigt, der von zwei Dämonen umgeben ist (siehe Abb. 11). Um Zeus vor seinem Vater Kronos zu verstecken, benutzen diese beiden Dämonen die Trommeln dazu, Zeus zu übertönen. Raum 20 ist wie die Räume 15 und 17 aufgebaut. Neben den Vasen und Trinkgefäßen aus Ton und den Figuren aus Bronze steht in Raum 20 aber eine ungefähr ein Meter große römische Bronzestatue aus Ierapetra. Außerdem sind in Raum 20 mehrere Grabreliefs aus hellenistischer Zeit ausgestellt, die aus dem 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. stammen (siehe Abb. 12).  Von Raum 21 an steht bis zu Raum 23 dann eine Art von Ausstellungsstücken im Vordergrund: Münzen. Hier handelt es sich um Münzen aus dem ganzen Mittelmeerraum, vor allem aber aus Kreta, Griechenland und der Westküste Kleinasiens. Die Münzen sind von verschiedener Art und decken einen Zeitraum vom fünften Jahrhundert v. Chr. bis ins Jahr 330 n. Chr. ab. In den Räumen 21 bis 23 werden sie auf einer Karte des Mittelmeerraums ihrem Herkunftsort zugeordnet und auf einem Zeitstrahl datiert. In Raum 23 ist zusätzlich zu der umfangreichen Sammlung an Münzen ein vergoldeter Kranz ausgestellt (siehe Abb. 13). Mit einer Vortragshalle in Raum 24, die dann wieder über Raum 25 in Raum 13 zurückführt, wird der griechisch-römische Ausstellungsteil beendet. In der Vortragshalle werden regelmäßig Informationsvideos abgespielt. Der griechisch-römische Ausstellungsteil hat somit neben den fünf mittelgroßen Räumen 15, 17, 19, 20 und 22 mit den Räumen 14, 16, 18, 21, 23 und 25 sechs kleinere Räume, die die Größe von Durchgängen zu den jeweils größeren Räumen haben und an den Wänden wenige Ausstellungsstücke an den Wänden und zur Schau stellen, größtenteils in Vitrinen.

Abb. 10: Grabsteine aus Prinias

Abb. 11: bronzene "Trommeln"

Abb. 12: Grabreliefs aus hellenistischer Zeit

Abb. 13: Vergoldeter Kranz

 

Der letzte Teil der Ausstellung des Archäologischen Museums von Heraklion ist eine Skulpturensammlung, die man in den Räumen 26 und 27 im Erdgeschoss findet. In dieser Sammlung werden Büsten und Skulpturen aus griechisch-römischer Zeit ausgestellt, etwa von den römischen Kaisern Caracalla und Marcus Aurelius (siehe Abb. 14) sowie von den Gottheiten Pluto und Persephone [1]. Ein auffallendes Ordnungsprinzip ist bei der Anordnung der Büsten und Skulpturen in diesem Teil der Ausstellung nicht erkennbar. Damit endet dann die Ausstellung.


[1] Vgl. Heraklion Archaeological Museum, The Museum, Selected Exhibits, Group of Statues with Gods Pluto and Persephone, (zuletzt aufgerufen am 28.09.2021).

Abb. 14: Caracalla und Marcus Aurelius

Auswertung

Alles in allem bietet das Archäologische Museum von Heraklion eine vielseitig aufgestellte Ausstellung über einen langen Zeitraum der Geschichte Kretas an. Die meisten Ausstellungsstücke sind zwar in erster Linie Vasen und Trinkgefäße, aber diese werden durch ein abwechslungsreiches Angebot an Waffen, Rüstungen, Münzen, Statuen und vielen weiteren Zeugnissen aus der Antike ergänzt, das mithilfe von schriftlichen Erklärungen umfassend vorgestellt wird. Ein besonderer Schwerpunkt des Museums liegt zudem auf der minoischen Sammlung, die den größten Teil der Ausstellung abdeckt und die besondere Bedeutung der minoischen Epoche für Kreta deutlich macht. Dass die minoische Sammlung den meisten Platz in der Ausstellung einnimmt, erklärt sich auch damit, dass der Anbau, in dem die meisten Ausstellungsstücke der späteren griechisch-römischen Zeit zu finden sind, erst später im Jahr 1964 zum ursprünglichen Kernbau hinzugefügt wurde. Die minoische Sammlung ist klar chronologisch angeordnet, denn je weiter man die Ausstellung besichtigt, desto jünger werden die jeweils vorgestellten Ausstellungsstücke. Das trifft auch auf den griechisch-römischen Ausstellungsteil zu. Zwar scheint es auf den ersten Blick das Konzept des Museums zu sein, auf diese Weise einen chronologisch sortierten Pfad für die Besucher vorher festzulegen, aber über Zwischenwege kann man wieder in die vorherigen Räume zurückkehren. Also bleibt es den Besuchern selbst überlassen, sich mit bestimmten Ausstellungsstücken verstärkt zu beschäftigen. In den Räumen der Ausstellung selbst werden oft die Ausstellungsstücke einer Gattung angeordnet, aber durch ein Hauptausstellungsstück wird in der Regel für Abwechslung gesorgt. Somit kann man in dieser Ausstellung ebenfalls einzelne herausragende Zeugnisse der Antike aus den verschiedenen Epochen der Antike besichtigen. Vor allem die übersichtlich sortierte und umfassende Münzsammlung in den Räumen 21 bis 23 zeigt dies in besonderer Art und Weise.

 

Für alle Bilder gilt: © Fabian Brunkhorst.