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Ragnar Hund, Studien zur Außenpolitik der Kaiser Antoninus Pius und Marc Aurel im Schatten der Markomannenkriege. (Eingereicht am 10.06.2015)

Die Untersuchung setzt sich zum Ziel, die römische Außenpolitik unter Antoninus Pius und Marc Aurel insgesamt und diejenige unter Commodus in dessen erster Regierungshälfte zu untersuchen, und legt dabei einen Schwerpunkt auf die Region der unteren und mittleren Donau. Dazu werden neben den literarischen, numismatischen und epigraphischen besonders auch archäologische Quellen und Forschungsergebnisse für die Argumentation ausgewertet. Die Entscheidungen der Principes werden dabei als Resultat strukturell bedingter Formen der individuellen Herrschaftsdarstellung in Abgrenzung oder Anknüpfung an ihre Vorgänger und als Reaktion auf bestimmte innen- wie außenpolitische Konstellationen verstanden.

Nach einer umfassenden Einleitung, der Vorstellung der Quellenlage und der Auseinandersetzung mit dem Begriff „Außenpolitik“, den außenpolitischen Entscheidungsträgern im Principat sowie dem der Arbeit zugrundeliegenden Verständnis römischer Grenzen, gliedert sich der Hauptteil der Arbeit in vier größere Kapitel und einen Anhang. Hier bildet die Darstellung der Provinzarmeen von Raetien, Noricum, Pannonien und Westdakien die Grundlage für die Analyse der grenzpolitischen Entscheidungen der drei Principes.

In Kapitel 2 wird die grenzpolitische Entwicklung des Römischen Reiches unter Hadrian skizziert, um die Grundlagen für die Analyse der außenpolitischen Entscheidungen des Antoninus Pius zu legen. Das unter Hadrian etablierte grenzpolitische Konzept und dessen Umgestaltung der römischen Außenpolitik zu einer wehrhaften Defensive werden dabei als Ausgangspunkt für die Politik seines Nachfolgers verstanden.

Kapitel 3 widmet sich anschließend umfassend der Außenpolitik des Antoninus Pius. Hierbei wird herausgearbeitet, dass der Kaiser sich vor allem gleich zu Beginn seiner Regierungszeit bewusst von seinem Vorgänger abgrenzte, indem er die Grenzen des Reiches erweiterte, jedoch andererseits dessen Konzept der befestigten Grenzen treu blieb und dieses noch erweiterte. Auch in anderen Bereichen setzte Antoninus Pius die Politik seines Vorgängers fort, verstärkte beispielsweise sogar noch den Aspekt der Heeresdisziplinierung.

Zurückgewiesen wird in diesem Kapitel die Ansicht, die Regierungszeit des Antoninus Pius sei weitgehend friedlich und ohne größere Konflikte verlaufen, Kämpfe hätten sich nur an den Grenzen und in überschaubarem Maße ereignet. Dieses von den literarischen Quellen vermittelte Bild konnte dahingehend korrigiert werden, dass der Kaiser sich in teils langwierigen Kriegen der Gegner des Reiches erwehren musste, auf Veränderungen im Vorfeld der Grenzen reagierte und seine Siege sowie seine Sieghaftigkeit entsprechend propagierte – mindestens zwei Usurpationsversuche belegen zudem, dass der Kaiser selbst keineswegs unumstritten war. Das Bild des Friedenskaisers wird auf die unter Pius entwickelte Regierungsprogrammatik zurückgeführt, die als Maxime der wehrhaften Außenpolitik eines friedlichen, unter dem Schutz der Götter stehenden Imperiums beschrieben wird, dessen Heer zunächst der Abschreckung dienen sollte, jedoch jederzeit imstande war, die Interessen des von den extra fines lebenden politischen Gruppierungen als außenpolitische Entscheidungsinstanz verstandenen Princeps durchzusetzen.

Dass diesem Konzept keine Zukunft beschieden war, zeigt die Untersuchung der römischen Außenpolitik unter Marc Aurel und Lucius Verus bzw. unter Marcus’ Alleinherrschaft in Kapitel 4. Hier wird zunächst den machtpolitischen Friktionen nachgespürt, die aus dem Krieg mit den Parthern, der gleich zu Beginn des Doppelprincipats von Marc Aurel und Lucius Verus zu führen war, resultierten. Die sich im Verlauf des Feldzuges einstellenden militärischen Erfolge des Lucius Verus drohten die bis zu diesem Zeitpunkt klare Machtverteilung im Doppelprincipat zu verändern und stellten Marc Aurel vor das Problem, die Legitimität seiner Vorrangstellung qua auctoritate beweisen zu müssen. Für den senior Augustus kam es nun darauf an, römische Waffenerfolge direkt mit seinem Namen zu verbinden, um mögliche Kritik an seiner Person gar nicht erst aufkommen zu lassen, was für die Vorgeschichte der Markomannenkriege von zentraler Bedeutung ist. Diese werden in der Folge als Resultat von zwei bestimmenden Faktoren verstanden. Zum einen nahmen Marc Aurel und seine Berater die bereits unter Antoninus Pius erkennbaren Veränderungen in den Gesellschaften der transdanubischen Gebiete ernst und erkannten, dass sie darauf präventiv reagieren mussten. Zum anderen gab dies dem Kaiser die Möglichkeit, eigene militärische Erfolge vorzuweisen, um seine Stellung durch Sieghaftigkeit und persönlichen Einsatz im Felde charismatisch zu legitimieren.

Der anschließenden Rekonstruktion der Markomannenkriege wird die Untersuchung der mit den Kämpfen in Verbindung gebrachten, archäologisch feststellbaren Zerstörungsspuren vorangestellt. Dabei werden zwei Horizonte als historisch auswertbare Erkenntnisse aus dieser Quellengattung gewonnen.

Die römische Offensive galt zunächst den Iazygen in der ungarischen Tiefebene, mit Markomannen und Quaden herrschte weiterhin Frieden. Erst nachdem Rom im wohl unterpannonischen Grenzgebiet eine verheerende Niederlage erlitten hatte, erfolgte der Einfall der Germanen bis Norditalien, der sich im kollektiven Gedächtnis festsetzte. Erst ab 171/172 n. Chr. war Rom in der Lage, den Krieg in die Siedlungsgebiete seiner Gegner zu tragen. Dabei lässt sich feststellen, dass der Kaiser vor allem auf diplomatischem Wege versuchte, an der Donau die Koalition der Gegner aufzubrechen, elbgermanische gentes im Inneren Germaniens zu isolieren und die Rheingrenze ruhig zu halten.

Nach der durch die Usurpation des Avidius Cassius erzwungenen Kampfpause hatte Marc Aurel die Absicht – so lautet die in diesem Kapitel vertretene These – mit der Marcomannia mindestens eine neue Provinz einzurichten. Gegen Pläne, auch die sarmatischen Gebiete dem Reich zuzufügen, spricht vor allem der archäologische Befund, obwohl die Iazygen als Hauptgegner der Markomannenkriege gelten können.

 Kapitel 5 widmet sich den richtungsweisenden Entscheidungen, die Commodus nach dem Tod des Marc Aurel traf. Er erscheint in den Jahren nach den Donaukriegen seines Vaters zunächst als umsichtiger Princeps, der vor allem in den Donauprovinzen in Zusammenarbeit mit seinen Beratern ein umfassendes Bauprogramm umsetzte, das neuen Anforderungen gerecht werden sollte und – wie die Grenzbefestigungen und Truppendislozierungen zeigen – auf den Erfahrungen aus den Kriegsjahren basierte. In diesem Kapitel wird auch ein Ausblick zur Entwicklung der römischen Außenpolitik gegeben, ehe in einem Fazit zusammenfassend die außenpolitischen Entscheidungen und Entwicklungen im untersuchten Zeitraum in Hinblick auf ihre Ursachen, ihre Ausprägung und ihr Nachwirken diskutiert werden.