Main content
Top content
Methode
Für das Projekt KaiPries wurden aus der Datenbank ‚Clauss-Slaby‘ zunächst solche Inschriften ausgewählt, die folgende Wörter enthielten: flaminica(e), flamen, sacerdos. Aufgrund technischer Probleme hinsichtlich der Endungen wurden brauchbare Inschriften teils händisch sortiert. Diese wurden in einer eigenen Datenbank erfasst. Mit Hilfe einer Georeferenzierung wurden die Inschriften (und deren Inhalte) kartographisch verortet. Auf diese Weise können Aussagen über die Verteilung der Inschriften innerhalb des römischen Gebietes getroffen werden. Außerdem können quantitative Analysen u.a. der Aufstellungsorte sowie Fundorte durchgeführt werden. Darüber hinaus bietet sich für Untersuchungsgegenstände eine historische Netzwerkanalyse an, die nach einer Beziehung zwischen den einzelnen Kaiserpriesterinnen und anderen Personen, Informationen sowie Orten fragt. Zunächst galt es, Beziehungen zwischen den ausgewählten Inschriften herzustellen. Hierzu wurden bereits Soziogramme erstellt und jeweils mit den anderen Inschriften verglichen. Je nach Auslegung weiterer Fragestellungen kann das Netzwerk beliebig erweitert werden. Zur Zeit wird die „Basisdatenbank“ sukzessive um solche Inschriften erweitert, in denen eine Beziehung zu einer Kaiserpriesterin – z.B. aufgrund der Nennung von Namen des Stifters oder verwandtschaftlichen Beziehungen in der Inschrift – vermutet wird. Auf diese Weise soll ein umfangreiches Netzwerk entstehen, mit Hilfe dessen Informationen über die Kaiserpriesterinnen und deren Umfeld gewonnen werden können.
Zwar bereitete es zunächst keine Probleme die Methoden der Prosopographie und der Netzwerkanalyse sozusagen ‚intuitiv‘ anzuwenden. Jedoch ist uns im Zuge des Arbeitsprozesses aufgefallen, dass wir die beiden Methoden nicht klar voneinander abgrenzen konnten. Deshalb haben wir uns intensiv mit den Begriffen befasst und geprüft, welche Auffassungen in der Forschung vertreten werden. Unser Ziel ist es, die Begriffe transparent anzuwenden. Deshalb werden im Folgenden kurz der Diskurs in der Forschung zu den Begriffen vorgestellt, auf den Zusammenhang und die Unterschiede hingewiesen, die Probleme und Schwierigkeiten nachgezeichnet und aufgezeigt, welche Methode sich für welchen Forschungsgegenstand eignet.[1]
[1] Hierbei verfolgt das Projekt keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit der in der Forschung kursierenden Literatur, insbesondere nicht zur Netzwerkforschung. Siehe hierzu auch Anm. 6.
Prosopographie
Der wohl am meisten mit dem Begriff ‚Prosopographie‘ in den Altertumswissenschaften verbundene Name ist Werner Eck. Er war seit 1992 Leiter der Prosopographia Imperii Romani (PIR), in der sämtliche Personen aus der Elite des römischen Reiches in der Zeit von Augustus bis zum Ende des 3. Jhds. n. Chr. erfasst sind. Sie stellt ein ‚Personenlexikon‘ der Antike dar. Der Begriff ‚Prosopographie‘ an sich wird aus dem Griechischen hergeleitet. Πρόσωπον bedeutet ‚die Person‘ und γράφειν heißt ‚schreiben‘. Im übertragenen Sinne bedeutet diese Zusammensetzung folglich das Erfassen bzw. Auflisten von Personen bzw. deren Namen. In der Forschung gibt es keine verbindliche Begriffsdefinition. So formuliert Eck in dem Vorwort seines 1993 erschienenen Sammelbandes:
„Prosopographie ist eine unter verschiedenen Methoden zur Erschließung der kaiserzeitlichen Sozialgeschichte.“[1]
Er verzichtet allerdings auf eine Definition des Begriffs und verweist lediglich darauf, dass es sich um eine Methode handelt. Auch Alföldy versteht unter dem Begriff eine Methode und beschreibt diese folgendermaßen:
„[Bei der Prosopographie handelt es sich um] eine sozialgeschichtliche Methode, die für das Studium einer bestimmten sozialen Schicht von jenen Angaben ausgeht, die uns über einzelne Angehörige dieser Schicht erhalten geblieben sind.“[2]
Andere Forscher erläutern zwar auch den methodischen Ansatz, stellen aber ebenfalls keine Definition auf. Düring und Keyserlingk fassen zusammen, dass die „Prosopographie Informationen zu Mitgliedern einer bestimmten sozialen Gruppe“ sammele.[3] Diese Vorgehensweise entspricht genau dem, was in der Prosopographia Imperii Romani (PIR) geschehen ist. Es geht folglich, vereinfacht gesagt, um das Sammeln von Personendaten wie es auch bereits Bulst festgestellt hat.[4]
Netzwerkanalyse
Der Begriff Netzwerkanalyse scheint in den einzelnen Wissenschaften recht nebulös.[1] So konstatiert Reinhard:
„Inzwischen redet und schreibt jedermann […] von Netzwerken, sodass dieses Wort neben dem noch beliebteren Diskurs zur zweithäufigsten Leerformel der Geschichtswissenschaft verkommen ist.“[2]
Dieses Zitat suggeriert, dass es aufgrund der vielseitigen und unklaren Verwendung des Begriffs schwierig ist, eine exakte Definition aufzustellen. Marx kritisiert, dass „Die Breite des Netzwerkbegriffs in der Geschichtswissenschaft – vom rein metaphorischen Gebrauch bis zur streng sozialwissenschaftlichen Anwendung in quantifizierender Form – und seine Kombinationsmöglichkeit mit anderen (soziologischen) Theorieangeboten […] zu einer Flut von Netzwerkforschungen geführt“ haben.[3] Hiermit führt er keine exakte Definition an oder erklärt, was er unter dem Begriff versteht. Mehr Aufschluss darüber, was eine Netzwerkanalyse ist, kann aus Abgrenzungsbemühungen zwischen dem Zusammenhang und den Unterschieden zwischen den beiden Methoden erlangt werden.
[1] Auf einen umfassenden Forschungsüberblick wird an dieser Stelle verzichtet, da es unzählige Werke zur Netzwerkforschung gibt und dieses Projekt sich nicht zur Aufgabe macht, den Forschungsstand nachzuzeichnen.
[2] Reinhard, W.: Kommentar. Mikrogeschichte und Makrogeschichte. In: Thiessen, H. von, Windler, C. (Hg.): Nähe in der Ferne. Personale Verflechtung in den Außenbeziehungen der Frühen Neuzeit (= Zeitschrift für Historische Forschung, Beihefte 36). Berlin 2005, S. 135-144. zitiert nach Düring et al. 2016, S. 5.
[3] Vgl. Marx 2016, S. 83.
Zusammenhang und Unterschiede zwischen Prosopographie und Netzwerkanalyse
Eine Abgrenzung der Netzwerkanalyse von der Prosopographie deuten Düring und Keyserlingk an:
„Neben der bisher üblichen deskriptiven Untersuchung des sozialen Umfeldes historischer Akteure existieren seit einiger Zeit auch Analysemethoden, mit denen das soziale Netzwerk von Personen und Organisationen systematisch untersucht werden kann. Dieser Netzwerkansatz nimmt weniger die Akteure selbst, als vielmehr die Beziehungen zwischen ihnen in den Blick.“[1]
Damit folgen sie der in den Sozialwissenschaften verbreiteten Überzeugung, dass nicht Einzelindividuen oder soziale Gruppen die Bausteine der sozialen Welt seien, sondern soziale Beziehungen, die sich in Netzwerken manifestierten. Gramsch bezeugt, dass „ein erstes, schon relativ gut etabliertes Untersuchungsfeld […] sich auf dem Gebiet der Prosopographie spätmittelalterlicher Eliten, insbesondere im kirchlichen Bereich“ eröffne.[2] Er verortet folglich die Prosopographie als Teilgebiet der Netzwerkforschung. Zudem spricht er vom „netzwerkanalytischen Paradigma“ als Oberbegriff[3], womit er auch hier für die Prosopographie als ein Untersuchungsfeld bzw. Teilgebiet der Netzwerkforschung plädiert. Besonders deutlich wird seine Position im folgenden Zitat:
„Ausgehend von dieser Überlegung seien exemplarisch drei tatsächlich vielversprechende Arbeitsfelder mediävistischer Netzwerkforschung benannt: Erstens die Genealogie, zweitens die politische Geschichte des Hoch- und Spätmittelalters und drittens die prosopografische Erforschung.“[4]
Gramsch erläutert zudem, was er unter einer netzwerkanalytischen Vorgehensweise versteht. Demzufolge handele es sich um „[Arbeiten], welche sich freilich nur der möglichst exakten Rekonstruktion personaler Netzwerke und nicht deren weiterer mathematischer Analyse widmen“.[5] Während er Prosopographie als Rekonstruktion personaler Netzwerke auffasst, sieht er Netzwerkforschung als mathematische Analysen. Häufig wird in der Forschung bemängelt, dass Netzwerkforschung in der Geschichtswissenschaft als Metapher benutzt wird, weil der mathematische Aspekt nicht berücksichtigt würde (vgl. u.a. Marx).[6] So fehlen in solchen Studien beispielsweise Aspekte einer Graphentheorie, in der Knoten und Kanten zum Bilden von Netzwerken unentbehrlich seien.[7] Eine exakte Differenzierung der beiden Begriffe bleibt allerdings unklar. Für die Geschichtswissenschaft scheint ferner interessant, was Bixler schreibt:
„Die Daten selbst sind mit vergleichsweise geringem Aufwand zu sammeln, zumindest soweit sie […] aus historischer Sekundärliteratur, Prosopografien usw. zu gewinnen sind. Nur selten wird daher auf Primärquellen zurückgegriffen.“[8]
Auffallend an dieser Bemerkung ist, dass für die Netzwerkanalyse nicht auf Primärquellen zurückgegriffen werden muss, was sich für die Geschichtswissenschaft ggf. als Problem erweisen könnte. Zu dem Aspekt des Sammelns kritisiert bereits Bulst, dass die Prosopographie nicht auf das reine Sammeln beschränkt wird. Dieses mache zwar den größeren Teil der Arbeit aus, dennoch sei eine kurze Auswertungsphase notwendig.[9] Für das Projekt hieße das konkret, dass der erste Schritt mit Hilfe der Prosopographie erfolgt, indem wir Daten aus Inschriften sammeln und in Datenbanken festhalten. Der zweite Schritt besteht in der Anwendung der Netzwerkanalyse, die jedoch davon abhängig ist, welche Fragestellungen wir an unsere Daten herantragen wollen und welche Datenmenge wir zur Verfügung haben.
Als Folgerung lässt sich festhalten, dass sich in der Literatur kaum konkrete Definitionen zu den beiden Begriffen finden lassen. Diese werden zudem häufig nicht trennscharf verwendet. Dieser Befund ist insofern bemerkenswert, als dass der Begriff Netzwerk – wie Reinhard konstatiert hat - stets verwendet wird. Somit bedarf es zwingend einer (Arbeits)Definition als Basis für weitere Studien. Allerdings lässt sich aus den Zitaten ableiten, was der Unterschied zwischen den Begriffen zu sein scheint. Die Prosopographie legt den Fokus auf das Erfassen von Personen bzw. Personengruppen und generiert daraus Personenlisten und Stammbäume. An dieser Stelle sei gegen Dürings und Keyserlingks Auffassung anzumerken, dass für das Projekt ‚Kaiserpriesterinnen‘ das Erstellen von Stammbäumen keineswegs auf einer deskriptiven Ebene erfolgt, sondern auf einer Rekonstruktion basiert und Interpretationsspielraum ermöglicht. Insofern distanziert sich das Projekt von der Vorstellung, die Prosopographie beruhe auf rein deskriptiver Arbeit (jedenfalls gilt das für die Altertumswissenschaften). Die Netzwerkforschung beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen den Personen(gruppen). Hierbei greift sie auf entsprechend aufbereitete Listen aus der Prosopographie zurück. Die Prosopographie ist somit Teilgebiet der Netzwerkforschung und liefert dieser die entsprechende Grundlage. Die Netzwerkanalyse bietet zudem mehr Abfragemöglichkeiten als die Prosopographie. Letztere verfolgt keine Verknüpfungen, während die Netzwerkanalyse von diesen lebt, was u.a. den graphentheoretischen Ansatz sowie analytischen Hintergrund erklärt. Allgemein könnte formuliert werden, dass die Prosopographie Daten einzelner Personen(gruppen) erfasst, während die Netzwerkforschung die Beziehungen zwischen Personen(gruppen) untersucht.
Vergleich der beiden Methoden
Prosopographie | Netzwerkforschung |
Fokus auf Erfassen von Personen(gruppen) (u.a. Erstellung von Personenlisten, Stammbäumen) | Fokus auf Beziehung zwischen Personen(gruppen)
|
Reines Sammeln von Daten | Basierend auf mathematischen Hintergrund (Graphentheorie: Knoten und Kanten) = analytisch |
Ein Teilgebiet der Netzwerkforschung (Grundlage bzw. Hilfsmittel) | Oberbegriff (Greift bestenfalls nicht auf Quellen zurück, sondern auf Listen / aufbereitete Daten) |
Keine Verknüpfung von Daten | Verknüpfung von Daten |
[1] Düring / Keyserlingk 2015, S. 338. Den deskriptiven Charakter der Prosopographie erwähnt auch Gramsch 2016, S. 97.
[2] Vgl. Gramsch 2016, S. 85f.
[3] Ebd. S. 85.
[4] Ebd. S. 89.
[5] Ebd., S. 86.
[6] Ebd. S. 85, aber auch Düring et al. 2016, S. 9, verweisen auf dieses Problem.
[7] Vgl. hierzu die Ausführungen und dazugehörigen Graphiken Gramschs 2013, S. 47f. Zudem bieten Gamper et al. 2015 Einblicke in den Zusammenhang zwischen Netzwerkanalyse und Graphentheorie.
[8] Bixler 2016, S. 55.
[9] Vgl. Bulst 1986, S. 3.
Probleme
Die größte Schwierigkeit in der Verwendung der beiden Methoden besteht wohl darin, dass eine geeignete Basis geschaffen werden muss. Soll oder darf die Netzwerkanalyse als Metapher oder im exakt mathematischen Sinne verwendet werden? Für Letzteres sind mathematische Kenntnisse erforderlich, in die sich Historiker/innen ggf. erst einarbeiten müssten. Zudem eigne sich eine Netzwerkanalyse nur bei großen Datenmengen, da ansonsten keine „seriöse“ Rekonstruktion möglich sei.[1] Hierbei stellt sich zunächst die Frage, was unter ‚großen Datenmengen‘ zu verstehen ist? Für die Antike beispielsweise können im Vergleich zur Neuzeit längst nicht die möglicherweise erforderlichen Datenmengen herangezogen werden, da einfach begrenztes Material zur Verfügung steht. Darüber hinaus scheint das Argument der seriösen Rekonstruktion bei geringen Daten unangemessen zu sein, da die Geschichtswissenschaft – zumindest für die Antike gesprochen – immer an das vorhandene Quellenmaterial gebunden ist. Zudem müsse aufgrund der Lückenhaftigkeit der Überlieferung stets mit einer Verzerrung der Wirklichkeit gerechnet werden.[2] Aus den aufgeführten Zitaten ergibt sich der Aspekt, dass die Netzwerkanalyse nicht auf Primärdaten zurückgreife. Dies kann in der Geschichtswissenschaft problematisch sein, da jede Quelle auch für sich sprechen kann (Vetorecht der Quellen).[3] Deshalb sollte bei aller Quantifizierung der Daten stets mit Sorgfalt an eine Datenbasis für Netzwerkstudien herangegangen werden. Gramsch konstatiert hierzu, dass die Schnittstelle zwischen Quellenkritik und Quantifizierung nicht verloren gehen dürfe.[4] Für die meisten netzwerkanalytischen Fragestellungen würden vergleichbare Daten in recht hoher Dichte herangezogen, die nicht immer in den Quellen so zu finden seien, wie man sie gerne hätte.[5] Dabei sei zu kritisieren, dass der Ausgangspunkt bei der Netzwerkanalyse nicht das Erkenntnisinteresse sei, sondern die Quellenlage.[6] Im Grunde sei eine Netzwerkanalyse geeignet für quantitative Auswertungen in Form von Fragebögen. Deshalb müssten für geschichtswissenschaftliche Studien eigens Strategien zur Gewinnung von Daten entwickelt werden.[7] Bei der Untersuchung von menschlichen Beziehungen ist in Frage zu stellen, ob eine zu analytische Herangehensweise überhaupt möglich ist - können Beziehungen zwischen Menschen in einem Raster oder Modell dargestellt werden?
[1] Vgl. Bixler / Reupcke 2016, S. 105; Eck 1993, S. V, führt ebenfalls das Problem der Repräsentativität an.
[2] Vgl. Gramsch 2016, S. 88.
[3] Vgl. hierzu auch Bixler / Reupcke 2016, S.106.
[4] Vgl. Gramsch 2016, S. 92; ebenso Düring / Keyserlingk 2015, S. 343.
[5] Vgl. Bixler / Reupcke 2016, S. 105.
[6] Ebd. S. 107.
[7] Ebd. S. 106.
Welche Methode eignet sich für welchen Forschungsgegenstand?
An dieser Stelle soll aufgezeigt werden, welche Methode für welchen Untersuchungsgegenstand angemessen ist. Für eine prosopographische Untersuchung muss die Fragestellung vor dem Sammeln festgelegt sein[1], während sich bei der Netzwerkanalyse weitere Fragen aus dem Arbeitsprozess ergeben können. In unserem Fall erweitern wir das Netzwerk beständig um Beziehungen zu Verwandten, anderen Priesterinnen, weiteren Amtsinhabern usw. Die Prosopographie lässt nur bestimmte Auswertungen zu. Fragestellungen, die an diese Methode herangetragen werden können, sind beispielsweise, wer zu welchem Personenkreis gehört oder wer welchem Stand angehört. Auf diese Weise erfolgt eine Strukturierung bzw. Kategorisierung der Daten. Es werden Repräsentanten einer Gruppe ausfindig gemacht. Um aber die Frage nach dem WER tiefgehender zu beantworten, ist die Untersuchung von Beziehungen ebenfalls lohnenswert. Hierbei geht es darum, welche Beziehung Person x zu Person y hat oder wie sie sich gegenüber bestimmten Personenkreisen verhält. Die Prosopographie fokussiert Karrieren und Lebensläufe einzelner Personen, die gesammelt werden. Die Netzwerkanalyse hingegen fragt vor der Einbettung der Daten in den sozialen Kontext danach, warum wer welche Karriere angestrebt hat, z.B. aus sozialen, familiären oder politischen Gründen. Für das Projekt bedeutet das letztlich konkret, dass die Daten zu den Kaiserpriesterinnen vor dem Hintergrund der Frage ‚Wer waren sie‘ in einer Datenbank gesammelt werden. Anschließend werden Fragen nach Beziehungen gestellt, also nach dem ‚Warum‘ gefragt. Ob die Netzwerkanalyse dabei metaphorisch oder exakt mathematisch verwendet wird, wird sich aus dem Umfang und Inhalt des Materials ergeben.
Prosopographie | Netzwerkforschung |
Frage muss vor Sammeln festgelegt sein | Weitere Fragen ergeben sich aus der Analyse |
Wer gehört zu welchem Personenkreis („Wer waren sie“? = Strukturierung / Kategorisierung) | Welche Beziehungen hat Person x zu Person y oder Gruppe z |
Festhalten von Karrieren oder Lebensläufen | Warum hat wer welche Karriere angestrebt? |
Literatur
Alföldy 1993 = Alföldy, G.: Die senatorische Führungselite des Imperium Romanum unter Marcus Aurelius. Möglichkeiten und Probleme der prosopographischen Forschungsmethode, in: Eck, W. (Hg.): Prosopographie und Sozialgeschichte. Studien zur Methodik und Erkenntnismöglichkeit der kaiserzeitlichen Prosopographie. Kolloquium Köln 24.-26. November 1991, Köln 1993, S. 61-70.
Bixler 2016 = Bixler, M.: Die Wurzeln der Historischen Netzwerkforschung, in: Düring, M. / Eumann, U. / Stark, M. / Keyserlingk, L. von (Hg.): Handbuch Historische Netzwerkforschung. Grundlagen und Anwendungen (Schriften des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) zur Methodenforschung, herausg. Von Prof. Dr. C. Leggewie), Band 1). Berlin 2016, S. 45-61.
Bixler / Reupcke 2016 = Bixler, M. / Reupcke, D.: Von Quellen zu Netzwerken, in: Düring, M. / Eumann, U. / Stark, M. / Keyserlingk, L. von (Hg.): Handbuch Historische Netzwerkforschung. Grundlagen und Anwendungen (Schriften des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) zur Methodenforschung, herausg. Von Prof. Dr. C. Leggewie), Band 1). Berlin 2016, S. 101-122.
Bulst 1986 = Bulst, N.: Zum Gegenstand und zur Methode von Prosopographie, in: Bulst, N. / Genet, J.-P. (Hg.): Medieval lives and the Historian. Studies in Medieval Prosopography (Proceedings of the First International Interdisciplinary Conference on Medieval Prosopography. University of Bielefeld, 3-5 December 1982), Kalamazoo 1986, S. 1-16.
Düring / Keyserlingk 2015 = Düring, M. / Keyserlingk, L. von: Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften. Historische Netzwerkanalyse als Methode für die Erforschung von historischen Prozessen, in: Schützeichel, R. / Jordan, S. (Hg.): Prozesse. Formen, Dynamiken, Erklärungen, Wiesbaden 2015, S. 337-350.
Düring et al. 2016 = Düring, M. / Eumann, U. / Stark, M. / Keyserlingk, L. von: Einleitung, in: dies. (Hg.): Handbuch Historische Netzwerkforschung. Grundlagen und Anwendungen (Schriften des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) zur Methodenforschung, herausg. Von Prof. Dr. C. Leggewie), Band 1). Berlin 2016, S. 5-10.
Eck 1993 = Eck, W.: Vorwort, in: ders. (Hg.): Prosopographie und Sozialgeschichte. Studien zur Methodik und Erkenntnismöglichkeit der kaiserzeitlichen Prosopographie. Kolloquium Köln 24.-26. November 1991, Köln 1993.
Gamper et al. 2015 = Gamper, M. / Reschke, L. / Düring, M. (Hg.): Knoten und Kanten III. Soziale Netzwerkanalyse in der Geschichts- und Politikforschung, Bielefeld 2015.
Gramsch 2013 = Gramsch, R.: Autorität im Netzwerk der Fürsten. Friedrich II. und Heinrich (VII.) im Anerkennungswettstreit (1231-1235), in: Seibert, H. / Bomm, W. / Türck, V. (Hg.): Autorität und Akzeptanz. Das Reich im Europa des 13. Jahrhunderts, Ostfildern 2013, S. 43-64.
Gramsch 2016 = Gramsch, R.: Zerstörter oder verblasste Muster? Anwendungsfelder mediävistischer Netzwerkforschung und das Quellenproblem, in: Düring, M. / Eumann, U. / Stark, M. / Keyserlingk, L. von (Hg.): Handbuch Historische Netzwerkforschung. Grundlagen und Anwendungen (Schriften des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) zur Methodenforschung, herausg. Von Prof. Dr. C. Leggewie), Band 1). Berlin 2016, S. 85-99.
Marx 2016 = Marx, C.: Forschungsüberblick zur Historischen Netzwerkforschung. Zwischen Analysekategorie und Metapher, in: Düring, M. / Eumann, U. / Stark, M. / Keyserlingk, L. von (Hg.): Handbuch Historische Netzwerkforschung. Grundlagen und Anwendungen (Schriften des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) zur Methodenforschung, herausg. Von Prof. Dr. C. Leggewie), Band 1). Berlin 2016, S. 63-84.